Goethe-Schüler in der Emilia-Romagna

 

Es waren drei neue Akzente, welche die diesjährige Fahrt der Goethe-Schüler nach Brisighella, der Partnerstadt Zwingenbergs, von den Begegnungen in den vergangenen Jahren unterschieden und die ihr zugleich neue Perspektiven eröffneten. An der Fahrt 2017 vom 30. Sep. bis 5. Okt. nahmen ältere Schüler teil als in den Jahren zuvor, die Unternehmung unter der Leitung von Martina Limp und Ute Ritter war deshalb stärker thematisch orientiert. Kunst, Sport und Geschichte  waren die Schwerpunkte, die bleibende Eindrücke bei allen Teilnehmern hinterließen.

Den Auftakt bildete die Besichtigung der Mosaiken von Ravenna, die Kirchen San Vitale und Sant’Apollinare  Nuovo und das Grabmal der Galla Placidia, der zu ihrer Zeit mächtigsten Frau des Weströmischen Reiches. 

Für den obligatorischen Empfang im Rathaus von Brisighella hatte sich der Kunstkurs von Frau Ritter eine besondere Überraschung ausgedacht. De Kurs hatte beim Wettbewerb zum Thema  „Europa – Hort der gemeinsamen Werte?“ , den die Hessische Staatskanzlei anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Regionalpartnerschaft Hessen-Emilia-Romagna ausgeschrieben hatte, den ersten Preis gewonnen (Der BA hatte darüber berichtet). Die ebenfalls prämierte inszenierte Fotografie mit dem Titel „Italia-Germania“ , eine künstlerische Neufassung des romantischen Gemäldes von Friedrich Overbeck aus dem Jahr 1828, transformiert die idealisierten Phantasielandschaften des Originals in Silhouetten von Brisighella und der Bergstraße, die allegorischen Frauenfiguren werden jetzt dargestellt von einer deutschen und einer italienischen Schülerin. Die romantische Sehnsucht nach einer Verbundenheit von Nord und Süd wurde Realität, das Werk des Kunstkurses ziert von jetzt an das Amtszimmer des Bürgermeisters Davide Missiroli.

Einen wichtigen Platz in der Schul- und Bildungslandschaft nimmt seit einigen Jahren auch in Deutschland der Begriff der Inklusion ein. Während hierzulande die Probleme der Umsetzung dominieren, hat sich in der Umgebung von Brisighella vor allem durch das Engagement zweier Trainer die neue Sportart „Baskin“ auch auf der Ebene von organisiertem Verbands- und Wettkampfsport etabliert. Hier handelt es sich um eine Wortschöpfung aus „Basketball“ und „Inklusion“, die Mannschaften sind gemischt, Spieler und Spielerinnen mit unterschiedlichen Graden von Behinderung bilden eine Mannschaft zusammen mit Spielern und Spielerinnen ohne Handicap. Ein verbindliches Regelwerk ermöglicht den konstitutionell Unterlegenen Erfolgserlebnisse, es nötigt den Überlegenen im Spielverhalten Respekt ab gegenüber den Schwächeren. Hier konnten unsere Schüler, die in den jeweiligen Mannschaften mitspielten oder auf der Tribüne als Zuschauer dabei waren, erleben und erfahren, was es heißt, wenn man Inklusion  nicht thematisiert, sondern praktiziert.

In den Tagen unserer Fahrtenwoche,  vom 29. Sep. bis 1. Okt.1944, verübte die 16. SS-Panzergrenadierdivision „Reichsführer SS“ in der Umgebung von Marzabotto, einem Apenninendorf etwa 60 km nordwestlich von Bologna, eines der grausamsten Massaker in Italien. Mehr als 700 Menschen aus der Zivilbevölkerung, darunter mehr als 200  Kinder unter 13 Jahren, wurden unter Beteiligung der Wehrmacht durch Gewehrsalven und Handgranaten ermordet, die Aktion galt dem Kampf gegen Partisanen, Männer im wehrfähigen Alter waren nicht unter den Toten, die Opfer wurden „Banditen“ genannt. Gegen die Kriegsverbrecher wurde Anklage erhoben, die hohen Haftstrafen wurden nie vollstreckt, deutsche und italienische Gerichte hoben erstinstanzliche Urteile wieder auf, bei Todesurteilen wurden Begnadigungen ausgesprochen.

Der Besuch der heutigen Gedenkstätte Parco Storico di Monte Sole macht sprachlos, eine außerordentlich authentische und für das jugendliche Publikum sehr zugängliche Führung in englischer Sprache will keine Antworten geben, die Triebfedern für  solche Massenmorde bleiben auch der heutigen Psychologie verschlossen.

Die Fahrt beendeten wir wieder  mit einem Ausflug nach Florenz, Boboli-Gärten, die Medicikapelle und der Blick vom Campanile über die Stadt und das Arnobecken. Ein gemeinsamer Abend mit unseren italienischen Freunden vom dortigen Partnerschaftsverein Zwingenberg festigte einmal mehr die mittlerweile enge Verbindung zwischen den beiden Städten und dem Goethe-Gymnasium.

Rudolf Wein

 

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